Am Vorgehen, mit dem die Länder auf den Wegzug seiner Steuerbürger reagieren, lassen sich Unterschiede in den Steuerkulturen gut verdeutlichen.

Während in Deutschland Instrumente ins Auge fallen, die den Zugriff auf die Erträge absichern sollen, bewegt sich Südafrika bei der Wegzugsbesteuerung im Spannungsfeld, einerseits dringend benötigte Investitionen für das Land nicht auszubremsen und andererseits den Abfluss von Kapitalerträgen, wenn schon nicht zu blockieren, doch zumindest zu kontrollieren.

Die Beendigung der steuerlichen Ansässigkeit führt in Südafrika mit Ausnahme von dort belegenen Immobilien zum finalen Kassensturz der weltweit gehaltenen Assets. Im Gegensatz zu Deutschland sind über par 64B(1)(a)(b) VIII Sched. ITA dabei kurioserweise wesentliche (10%+) Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften ausgenommen.

Das AStG als deutsches Pendant der Exit-Tax im Privatvermögen beschränkt die Aufdeckung stiller Reserven auf Anteile an Kapitalgesellschaften ab 1%, an denen Sie während der letzten 12 Jahre mindestens 7 Jahre als unbeschränkt Steuerpflichtiger beteiligt waren. Wichtige Verbesserung für Südafrika-Emigranten: ab 2022 tritt anstelle der auf EU/EWR-Umzüge beschränkten Stundungsregelung eine unabhängig von Staatsbürgerschaft und Zielland neu eröffnete Möglichkeit, gegen Sicherheitsleistung die anfallende Exit-Steuer in sieben gleichen Jahresraten abzustottern. Besteht Rückkehrabsicht, kann bei entsprechender Umsicht der Steuerbescheid innerhalb einer Frist von max. 12 Jahren rückwirkend aufgehoben werden und alles wird wieder gut.

Bei Erbschaft/Schenkungssteuern wartet Deutschland anders als Südafrika mit Nachfristen auf, wohl um zu verhindern, dass Omi nicht kurz vor knapp ins Ausland gelockt wird. Denn aus der unbeschränkten Steuerpflicht fallen deutsche Staatsangehörige erst dann raus, wenn Sie mehr als 5 Jahre offshore leben, ohne im Inland einen Wohnsitz innezuhaben. Erst danach beschränkt sich die Steuerpflicht auf deutsches Inlandsvermögen, wobei bestimmte Anteile an deutschen apitalgesellschaften auch weiter zu solchem Inlandsvermögen zählen, wenn sie in den letzten zehn Jahren vor dem Steuerfall steuerverstrickt waren.

Südafrika hingegen beschränkt nach Wegzug sein Besteuerungsrecht auf Inlandsvermögen ohne Nachfristen, wobei Anteile an Kapitalgesellschaften, deren Assets aus mind. 40% südafrikanischem Immobilienbesitz bestehen, zu solchem Inlandsvermögen zählen.

Steht nun ein Wegzug aus Südafrika an, sind im Vergleich zu Deutschland zwar die Formalien dort umfangreicher, doch wird ein Weg- oder Zuzug eher nicht als besonderes, sondern eher banales Ereignis gewertet und gelebt. So stellt Südafrika schon seit jeher auch ohne DBA Einkünfte von Expats weitgehend steuerfrei, um diese nicht zu veranlassen, dem Land aus steuerlichen Überlegungen gänzlich den Rücken kehren zu müssen. Die Maßnahme adressiert damit pikanterweise vor allem Steueroasen.

Unabhängig davon besteht in Südafrika seit jeher die Besonderheit, dass es neben der «Wegzugserklärung» auch eine «financial emigration» gibt. Während die Abmeldung beim Finanzamt (SARS) Grundlage der Exit-Tax bildet und erst danach formell die beschränkte Steuerpflicht beginnt, konnte ein Deviseninländer sein Vermögen nur mit umfänglichen Anmeldeformularen und nach erfolgreichem Genehmigungsverfahren bei der Zentralbank (SARB) ins Ausland mitnehmen – mal von den jährlichen Freibeträgen für Auslandsinvestitionen abgesehen.

Aufgrund dieser Zweiteilung bei der Auswanderung konnte es wegen fehlender Herkunftsnachweise passieren, dass trotz Aufgabe des steuerlichen Wohnsitzes Vermögen weiter in Südafrika verblieb, und nur über die jährlichen Allowances scheibchenweise ins Ausland abwanderte. Manchmal verblieben Immobilien als Familienresidenz im Land und die Anzeige des steuerlichen Wegzuges wurde geflissentlich übersehen, wodurch parallel zur unbeschränkten Steuerpflicht im Zuzugsland die globale Steuerpflicht in Südafrika weiterlief – mit allen Konsequenzen der Doppelbesteuerung, wenn die Immobilie irgendwann einmal verkauft wurde.

Ab dem Stichtag 1.3.2021 ist für beide Vorgänge nurmehr eine Behörde, nämlich das Finanzamt und das ausschließlich über digitale Wege zuständig, was einer kleineren Revolution am Kap gleichkommt: Der Zuständigkeitswechsel ist zu begrüßen, vereinfacht er die Komplexität der südafrikanischen Regulierungswut gerade in den Augen internationaler Akteure, die sich leichter auf die auch anderswo bekannte Logik einer Finanzverwaltung denn auf die Besonderheiten einer lokalen Devisenregulierungsbehörde einstellen können, deren Serviceaffinität in den Händen der Hausbanken um den Nullpunkt oszilliert. Drawback der Entwicklung: Damit erhöht sich die fiskalische Kontrolldichte entscheidend und wohl das erhoffte Steueraufkommen. Jedenfalls erscheint seit Frühling dieses Jahres unter dem Auswahlmenü der steuerlichen Unbedenklichkeitsbestätigungen ein weiterer Button «emigration». Solche Freischeine verlangt die Bank, um überhaupt Gelder von Inländerkonten für Auslandsüberweisungen freischalten zu können.

Die Reform stellt also fortan Emigranten und Steuerinländer gleich. Allerdings besteht zwischen beiden Gruppen eine Ausnahme darin, dass Steuerausländer über ihre südafrikanischen Pensionsguthaben erst 3 Jahre nach dem Exitus verfügen können. Begründung? Man wolle den Emigranten vor unüberlegter Plünderung seines steuerlich geförderten Vermögensaufbaus schützen! Sollten Sie mit der SARB bereits vor besagtem Stichtag einen Kapitalexit verhandelt haben, gilt diese Einschränkung natürlich nicht.

Bei allen Unbedenklichkeitsbescheinigungen ist immer ein positiver Compliance-Status Voraussetzung. Wird eine solche nun zum Zwecke der Emigration beantragt, kommen weitere Anforderungen hinzu. So muss der Wegzug vorab angezeigt, d.h. versteuert worden sein und überprüfbare Angaben zum südafrikanischen Vermögen und der daraus erzielbaren Einkünfte erfolgen. Wegen der langen Bearbeitungszeiten ist es deshalb ratsam, vorab einer Beantragung den Steuerstatus (RAV01) daraufhin abzuprüfen, dass Sie beim Finanzamt als Non-Resident geschlüsselt sind. Fehlt nur eine der oraussetzungen, wird der Antrag als unbegründet abgelehnt und der Prozess beginnt von vorne.

Wie wird nun die Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht deklariert?

Bestand für den Wegzug früher noch ein gesondertes Anzeigeverfahren, ist seit dem Veranlagungsjahr 2020 das Beendigungsdatum der unbeschränkten Steuerpflicht gleich im Rahmen der Einkommensteuerklärung mit anzugeben. Seit dem Sommer-Update erscheint in der 2021-er Erklärung zudem ein explizites Feld zur beschränkten Steuerpflicht. Die Aktivierung des Wegzuges löst als Ersatz des früheren Antragsverfahrens einen Schwung von zusätzlichen Pflichtfeldern sowie grundsätzlich auch ein Audit aus, während das zweite Kontrollfeld zur Identifizierung der Steuerausländer dient und nebenbei die Prüffelder zu den Zinseinnahmen aktiviert, da ab einer bestimmten Anzahl von Aufenthaltstagen die Steuerfreiheit solcher Einkünfte wegfällt.

Bei der Wegzugserklärung selbst sind insbesondere diejenigen Anlässe plausibel zu begründen, die ein Ende der unbeschränkten Steuerpflicht induzieren. Dass das System hier drei Szenarien anbietet, macht die Erklärung nicht unbedingt einfacher. Je nach Sachverhalt müssen dann persönliche Umstände erläutert oder formelle Nachweise (z.B. die neue Ansässigkeitsbescheinigung, Flugtickets und Passstempel) hochgeladen werden oder gar eine Interpretation des betreffenden Doppelbesteuerungsabkommens. Beachten Sie: ein abkommensrechtlich induzierter Ansässigkeitswechsel als einer der Möglichkeiten führt nicht automatisch zum Ende der unbeschränkten Steuerpflicht dem Grunde nach! Zur Vermeidung der Erbschaftsteuer kann deshalb u.U. ein zweiter Exit-Antrag notwendig werden. Das klingt kompliziert, ist es auch.

Was wir mit unserem heutigen Thema mitgeben möchten: Stärker als in Deutschland wertet das automatisierte Veranlagungsverfahren die sog. «Tickboxes» aus, die den Zahlenapparat einer südafrikanischen Steuererklärung einrahmen. Gemeint sind die im Whizzard geführten allgemeinen steuerlichen Abfragen, deren Bearbeitung je nach Umstand quer durch das gesamte Steuerrecht führen kann. Da hilft kein Jammern, denn zeitgleich mit der Reform der Emigration ist eine Verschärfung in das Steuerstrafrecht eingetreten. So erklärt der neue Abs. 2 von s234 TAA neben anderen Köstlichkeiten bereits Fahrlässigkeit bei der Abgabe von Steuererklärungen als strafbare Handlung. Kurzum, es verbietet sich von selbst, die Steuererklärung dadurch zu «vereinfachen», dass Fragen zum Steuersachverhalt falsch beantwortet werden.

Weitere Informationen: https://www.sars.gov.za/individuals/cease-to-be-a-resident/ Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Master Tax Practitioner (SA)

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