Die Frage nach dem Steuergefälle zwischen den Ländern ist ein Klassiker. Auch die Antwort darauf. Denn wie bei solchen Entscheidungspaaren zu erwarten, hängt sie stets vom Einzelfall ab, namentlich dem verfolgten wirtschaftlichen Interesse des Fragenden, dessen individueller Vermögens- und Einkommenssituation, von den persönlichen Umständen, der Vorgeschichte sowie seiner Lebensplanung. Eine Aussage ist dabei sicher immer passend, nämlich dass Südafrika im Vergleich zu Deutschland kein Steuerparadies (mehr) ist. Das Gegenteil suggeriert die überschaubare Minderheit steuernzahlender Bevölkerungsgruppen: Paradise sind bekanntlich nicht für die Mehrheit angelegt und zeichnen sich durch hohe Eintrittsbarrieren aus.

Welche Feststellungen lassen sich also über den sprichwörtlichen Einzelfall hinaus herausstreichen? Während die direkten Steuern und -sätze noch vergleichbar und ähnlich liegen, fallen in Südafrika die Pflichtabgaben geringer als in Deutschland aus, denn sowohl Umlagesysteme als auch Pro-Kopf Einkommen entsprechen sich nicht. Das betrifft nicht nur die marginalen Sozialabgaben (Lohnnebenkosten) sondern trifft auch die Umsatzsteuer-, Erbschafts- und Schenkungstarife. Weiter ist im Systemvergleich bemerkenswert, dass dem beschränkt Steuerpflichtigen die gleichen Rabatte und Grundfreibeträge zustehen wie dem Steuerinländer. Auch gibt es weder Gewerbesteuer noch Soli und, gottlob, keinen Kirchbeitrag. Im Sinne des gerechten Ausgleichs ist allerdings zu bemerken, dass sich der Solidarpakt in Südafrika allgemein unterhalb der fiskalen Regularien abspielt und bei Einkommensbeziehern je nach familiärer Prägung mindestens ebenso verfügungsbeschränkend wirkt wie in Europa.

Gewinne einer klassischen Körperschaft besteuert Deutschland abhängig vom GewSt-Hebesatz mit über 30%, worauf ein kirchensteuerpflichtiger Anteilseigner noch einmal 28,6% Kapitalertragsteuern abführt. Die Gesamtsteuerbelastung summiert sich hier also auf ca. 50,2%. Blickt man nach Südafrika, so schmälern den laufenden Gewinn 28% Ertrags- und bei Ausschüttungen weitere 20% an dividends tax. Dem Anteilseigner verbleiben somit 57,6%. Langzeitgewinne (capital gains) gehen bekanntlich zu einem niedrigeren Hebesatz in die Besteuerung ein. Deshalb beträgt die Körperschaftsteuer hierauf nur 22,4% während bei natürlichen Personen progressionsbedingt max. 18% anfallen. Das treibt den Unterschied zwischen beiden Besteuerungssystemen auf knapp 10%, und das obwohl Südafrika in 2018 die Kapitalertragsteuer um 5% angehoben hat.

Unseres Erachtens erscheint für einen einfachen Systemvergleich die Frage relevanter, in welche Bereiche der Fiskus fördernd oder entlastend eingreift, lassen sich hieraus Rückschlüsse auf steuerungspolitische Rahmenbedingungen ziehen und damit Einblick in die Realitäten des jeweiligen Landes gewinnen. Einige möchten wir heute kurz herausgreifen:

Wollen Sie sich an solchen innovativen Startups beteiligen? Venture Capital ist zwar risikobehaftet und eignen sich nur für solide Nerven. Investitionen in sog. 12J VCC Unternehmen belohnt der Fiskus jedenfalls und in unbegrenzter Höhe in Form eines Einkommensabschlag um eben diesen Investitionsbetrag, nämlich 100%. Nicht schlecht! Das Invest ist 5 Jahre beizubehalten und auf einem Equity-Anteil von 20% beschränkt. Stichwort Ausbildungsoffensive. Öffentliche Bildung ist in Südafrika vom Prinzip her wie in der Bundesrepublik Staatsaufgabe. Allerdings übersteigen je nach angestrebtem Schulabschluss und insbesondere bei universitären Ausbildungen die aufgerufenen Studiengebühren und Nebenkosten das Familienbudget um ein Vielfaches. Diese Kosten sind zwar einkommensteuerlich keine Sonderausgaben – doch Studenten verfügen regelmäßig sowieso über keine Einnahmen, wodurch wie in Deutschland die Anrechnung ins Leere ginge. Sind Sie hingegen Arbeitnehmer, kann das Unternehmen anders als in Deutschland unbegrenzt und vor allem steuerfrei auch berufsfremde Qualifizierungskosten übernehmen, sofern Sie sich dazu verpflichten, bei Studienabbruch oder Trödelei die Kosten zurückzuzahlen. Liegt Ihr Vorjahressalär zudem unter 600.000 ZAR, darf der Arbeitgeber darüber hinaus die Bildungskosten eines jeden (!) Familienmitglieds übernehmen: je nach Bildungsniveau des Betroffenen mit bis zu 90.000 ZAR jährlich, und zwar ohne Rückzahlungsverpflichtung und lohnsteuerfrei.

Letztes Beispiel Altersvorsorge. Wegen der fehlenden Zwangsabsicherung können Sie in Südafrika nur privat vorsorgen. Sofern Ihre Einkommenssituation dieses erlaubt, lassen sich nach s11(F) ITA bis 350.000 ZAR jährlich gedeckelt auf 27,5% des steuerbaren Normaleinkommens für Vorsorgeaufwendungen abziehen. Eine weitere Förderung wie z.B. die Riester-Zulagen kennt das System allerdings nicht, das im Übrigen seit 2015 auch auf die nachgelagerte Versteuerung der Alterseinkünfte ohne Übergangsfristen umgestellt hat.

Dort hilft dann gegebenenfalls ein weiteres spannendes Incentive. In das steuerfrei (akkreditierte) Fondssparen (Tax-Free Savings Account) kann jede Art der Kapitalanlage eingebunden werden. Dieser in s12T ITA geregelte Rücklagefonds ist entgegen den Vorsorgezahlungen in der Auszahlungsphase komplett steuerfrei, eröffnet seinerseits jedoch keine Steuerersparnis in der Ansparphase. Die Besonderheit hier ist, dass Wertsteigerungen (capital gains) oder Kapitalerträge ab dem Einzahlungszeitpunkt steuerfrei bleiben. Selbstredend wird eine einbehaltene Dividends Tax auf diese Instrumente vergütet, sofern sie dem Fonds zugeordnet sind. Rückzahlungen sind jederzeit steuerunschädlich möglich, jedoch sind die jährlichen Zuzahlungen und Wiedereinzahlungen auf 30.000 ZAR begrenzt mit einem Maximalbetrag von 500.000 ZAR pro Steuerpflichtigem. Überdotierungen werden mit 40% Einkommensteuer vorab belegt, allerdings bleiben Thesaurierungszuwächse unbeachtet. Damit drängt sich dieses Instrument als Vermögensbeimischung geradezu auf.

Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Master Tax Practitioner (SA) © Steiner Tax Consultants (Pty.) Ltd., Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com