Die Mehrwertsteuer ist im Prinzip bei Unternehmen ein durchlaufender Posten. Von diesem Prinzip gibt es in Deutschland nur wenige Ausnahmen, die z.B. dann greifen, wenn Vorsteuerbeträgen bei einkommensteuerlich nicht abzugsfähigen Ausgaben anfallen (§ 15 Abs. 1a UStG). Selbst bei grenzüberschreitenden Leistungen ist dank des EU-Regulariums die Neutralität dieser Steuer weitgehend sichergestellt, sogar dann, wenn die Geschäftsbeziehung über die Gemeinschaftsgrenzen hinaus reichen.

Wie sieht es nun in Südafrika aus, das kein Binnenmarkt einbettet und dessen Steuerrecht sich außerhalb der Normenkontrolle durch den EuGH entwickelt?

Die Umsatzsteuer hat es dort in sich. Zwar gilt auch hier das Prinzip der Steuerneutralität beim Unternehmen, doch die Details regelt der VAT Act anders. Das liegt im Wesentlichen am fehlenden Leistungsortsbegriff (place of supply) und der restriktiven Definition des Unternehmens selbst. Der Leistungsort wird nach den Vorstellungen der OECD bei grenzüberschreitenden Sachverhalten benötigt, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Diese Richtlinien hat Südafrika nur unvollständig implementiert.

Vorliegend nehmen wir uns des anderen Themas an, dem Unternehmensbegriff. Da Südafrika diesen mit unternehmerfremden Kriterien verwässert, sind nach europäischem Verständnis Verwerfungen, also Definitivbelastungen bei der Umsatzsteuer die Folge.

Das zeigt sich schon zu Beginn eines umsatzsteuerlichen Unternehmens. Es entsteht nicht zeitgleich mit dem unternehmerischen Handeln, sondern setzt weitere, formelle Zulassungskriterien voraus. Der Unternehmer führt damit umsatzsteuerlich sozusagen ein anderes Leben ohne Registrierung als mit einer solchen. Die Konsequenz? Ohne Registrierung erwachsen aus Vorsteuerbeträgen keine Erstattungsansprüche, auch nicht rückwirkend. Wurden hingegen die Schwellen zur Pflichtregistrierung übersehen, ist mit Steuernachforderungen zu rechnen nebst der üppigen Penalties und Zinsen. Weitere Besonderheit: Obwohl es sich um eine Verkehrssteuer handelt, gehören weder Umsatzsteuernachzahlungen noch deren «Nebenleistungen» zu den Betriebsausgaben.

Bezieht Ihre Gesellschaft bereits vor Erteilung einer Umsatzsteuernummer Leistungen, werden Sie im Regelfall auf der Vorsteuer sitzen bleiben - ein echtes Kreuz, sofern Sie nicht zufällig zu den begünstigten Unternehmen der Schwerindustrie oder der Landwirtschaft gehören (vgl. SARS R446). Gleiches kann Ihnen widerfahren, sollte dem Unternehmen wegen fehlender Ausgangsumsätze die Umsatzsteuernummer gestrichen werden.

Bei den berüchtigten Rechnungsformalia, die einem Paragraphen 14 UStG nicht nachstehen, kommen ebenfalls gemischte Gefühle auf. Fehlen die Pflichtangaben auf der «Tax Invoice», schmeißt das Finanzamt die Vorsteuer mit allen Sanktionen raus. Die in Deutschland nach dem Machtwort des EuGH nun gottlob eröffnete rückwirkende Rechnungsberichtigung gibt es in Südafrika leider nicht. Vorsteuern (Eingangsumsätze) können zwar 5 Jahre lang nacherklärt werden, allerdings erst ab dem Monat, in dem die korrekte Rechnung vorliegt. Das führt wegen des Betriebsausgaben-Ausschlusses am Jahresende zu umständlichen «Recons», in denen die umsatzsteuerliche Rechnungsabgrenzung mitzuhalten und nachzuweisen ist. Unterlaufen Fehler hingegen beim Ausgangsumsatz, ist eine Korrektur im betreffenden Originalmonat Plicht, und zwar als berichtigte Anmeldung gefolgt von den sich daran anschließenden Sanktionen. In Summe ist eine südafrikanische Monatsmeldung keine Voranmeldung zur Jahreserklärung sondern jeweils periodengerecht abzugrenzen, denn die Umsatzsteuer ist in Südafrika keine Jahressteuer. Misslingt die Abgrenzung, hilft jede Außenprüfung gerne nach.

Weniger formalistisch läuft es bei Rechnungen, die Arbeitnehmer oder andere Beauftragte nach s54 VAT für den Unternehmer verauslagen. Bezahlen diese z.B. Flugrechnungen, ist der Arbeitgeber anders als in Deutschland auch ohne vollständige Tax Invoice zum Vorsteuerabzug berechtigt. Voraussetzung ist allerdings wie bei allen Steuersachen in Südafrika ein schriftliches Auftragsverhältnis zwischen Agent und Prinzipal, was viele nicht beachten.

Weitere Belastungen aus der Umsatzsteuer ergeben sich beim Unternehmer, wenn die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann. Gemeint ist nicht der teilweise Vorsteuerabzug bei gemischten Ausgangsumsätzen – das Verfahren funktioniert ähnlich wie in Deutschland. Vorsteuern können in Südafrika grundsätzlich nicht abgezogen werden bei Anschaffungskosten aus «motor cars» und bei «entertainment costs». Soweit die wesentlichen Ausnahmen, die aber jedes Unternehmen betreffen. Unter letzte fallen neben Verpflegung (auch Aufmerksamkeiten) Externer und Interner sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit Vergnügungsveranstaltungen wie PR-Maßnahmen, an denen kein Südafrikaner ohne «food» und Rahmenprogramm teilnehmen würde. Aufwendungen für Personalküchen- und Kantinenflächen sind aus dem gleichen Grunde anteilig über den Flächenschlüssel herauszurechnen wie die Vorsteuer auf Kaffeemaschinen, Kühlschränke und Einrichtungen im Zusammenhang mit Entertainment. Kein Entertainment ist die Verpflegungen im Rahmen von Lehr- und Schulungsmaßnahmen oder bei mehrtätigen Reisen, um nur einige zu nennen.

Hervorzuheben im Ländervergleich ist weiter die Tatsache, dass die sog. Kleinunternehmer-Grenze mit 1 Mio. ZAR noch relativ hoch liegt, obwohl sie seit 2009 nicht angehoben wurde (davor 300 TZAR). Dieses ist deshalb von Bedeutung, als wesentliche B2C Leistungen insbesondere von Freiberuflern, die in Deutschland vielfach steuerfrei sind, den Verbraucher weniger kosten als mit Umsatzsteuer. Das Problem starrer Obergrenzen und einer hohen Inflation liegt auf der Hand: Freiberufler und Kleindienstleister geraten zusehends in die Steuerpflicht, was deren Leistung verteuert und den Markt verzerrt. Sobald Sie der Grenzen ansichtig werden, sollten Sie sich deshalb beraten lassen, da im Nachhinein keine Gestaltungen möglich sind.

Im Gegenzug zu relativ hohen Grenzen gewährt Südafrika nur bei wenigen Leistungen Steuerfreiheit, wie bei Personentransporten, Erziehungsleistungen und bestimmten Organisationen (NPOs) etc. Es besteht zwar ein ermäßigter Steuersatz (0%), dieser erfasst im Inland jedoch nur bestimmte Waren oder grenzüberschreitende Sachverhalte. Anders als in Deutschland tätigen deshalb südafrikanische Heilberufler, Vermieter von anderen als Wohnimmobilien, Versicherer, Grundstücksverkäufer und bestimmte Finanzdienstleister, um nur einige zu nennen, als Unternehmer steuerpflichtige Ausgangsumsätze zum Regelsteuersatz (15%).

Noch ein Hinweis: Die im Bereich der Ertragsteuer wesentliche Unterscheidung zwischen Investiv- und Produktionsspähre (Capital and Trade) kennt auch die Umsatzsteuer, die stets beide Sphären des Unternehmens umfasst. Deklaratorisch ist zwischen diesen genau abzugrenzen, um Compliance-Verstöße zu vermeiden.

Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Master Tax Practitioner (SA) © Steiner Tax Consultants (Pty.) Ltd., Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com